Es wird gelegentlich angezweifelt ob Reptilien überhaupt in der Lage seien, Vitamin D durch UV Strahlung zu bilden. Dieser Zweifel ist durchaus gerechtfertigt, da beispielsweise Hunde und Katzen dazu nicht in der Lage sind, und ihren Vitamin D Bedarf allein über die Nahrung decken müssen (How, Hazewinkel, & Mol 1994)
Bei Reptilien wurden verschiedene Experimente durchgeführt, bei der Tiere oder deren Haut mit einer künstlichen UVB-Quelle bestrahlt wurden, und anschließend der 25OHD-Gehalt gemessen wurde. Alle mir bekannten Studien haben klar nachgewiesen, dass Reptilien Vitamin D3 durch UVB-Strahlung bilden. Insbesondere Studien, mit Tieren mit starkem Vitamin D Mangel (erkennbar durch Bluttest oder MBD), der durch UV-Bestrahlung in sehr kurzer Zeit behoben werden konnte, sind hier eindrucksvolle Nachweise (Gillespie et al. 2000)
Grundsätzlich ist lediglich Vitamin D lebensnotwendig, für die Zufuhr stehen jedoch die beiden Möglichkeiten a) Nahrung/Vitaminpräparat oder b) UVB-Bestrahlung offen. Verschiedene Reptilien wurden allein durch orale Gabe von Vitamin D ohne UVB-Beleuchtung erfolgreich nachgezogen. Darunter Chuckwalla (Sauromalus obesus) (Montanucci 1997) (Ferguson et al. 1996)
Beim Menschen liegt die benötigte Vitamin D Menge ohne zusätzliche UVB-Bestrahung bei etwa 400 IU pro kg Körpergewicht und Woche (Heaney et al. 2003)
In freier Wildbahn nehmen nur Reptilien, die ganze Wirbeltiere (deren Leber enthält große Mengen Vitamin D) fressen oder Reptilien, die sehr Vitamin-D2-haltige Pflanzen (insb. Pilze) fressen, Vitamin D über die Nahrung auf. Insekten und fast alle Pflanzen enthalten dagegen kaum Vitamin D. Daher ist für Pflanzenfresser und Insektenfresser das Sonnenlicht die natürliche Vitamin D Quelle. Das gilt auch für Nacht- und Dämmerungsaktive Arten (siehe unten). Aber auch heliophile Reptilien die ganze Wirbeltiere fressen, decken einen großen Teil ihres Vitamin D Bedarfs über das Sonnenlicht (Nijboer et al. 2003)
Strebt man eine naturnahe Haltung an, sollte man alle heliophilen Arten und insekten- oder pflanzenfressende Arten mit hochwertiger UV-Strahlung versorgen.
Beim Menschen zeigen manche Untersuchungen außerdem, dass durch UV-Strahlung in der Haut gebildetes Vitamin D anders im Körper weiter verarbeitet wird, als über die Nahrung zugeführtes Vitamin D (Holick 1998) (Lucas & Ponsonby 2006)
Der normale Blutspiegel scheint artabhängig stark zu variieren, siehe Übersicht Vitamin D Versorgung von Reptilien
Während manche Wissenschaftler keinen Unterschied zwischen den 25OHD-Blutspiegeln bei einer ganztägigen Bestrahlung mit geringer Bestrahlungsstärke und kurzzeitiger Bestrahlung mit einer intensiveren Lampe feststellen (Ferguson et al. 2002) (Ferguson et al. 2009) (Barnkob et al. 2016)
Um nicht nur den 25OHD-Blutspiegel (relevant für den Knochenstoffwechsel) aufrecht zu halten sondern auch die Körperzellen ausreichend mit Vitamin D zu versorgen, ist eine häufige Bestrahlung mit geringerer Dosis vorzuziehen (alternative_umwandlung_in_den_koerperzellen).
Auch wenn es durch den experimentellen Nachweis der Vitamin D Bildung durch UV-Strahlung bereits bewiesen ist, dass UVB-Strahlung die obere Hautschicht durchdringt, existieren auch Messungen der Durchlässigkeit verschiedener Hautschichten bei verschiedenen Reptilienarten. Diese Untersuchungen stammen bereits aus den 1960er Jahren, was es um so erschreckender macht, dass diese Tatsache weiterhin von Hobbyhaltern angezweifelt wird, um den Verzicht auf UV-Beleuchtung zu rechtfertigen.
Misst man die Transmission durch die obere Hornhautschicht, die bei der Häutung abgeworfen wird, stellt man eine hohe Lichtdurchlässigkeit im Bereich 400nm bis 1300nm fest. Unterhalb von 280nm ist die Hornhaut komplett undurchlässig, dann steigt die Transitivität aber sehr steil auf Werte von 20% bis 30% an. (Tercafs 1963)
(Porter 1967)
Im Gehirn befinden sich Rezeptoren für 1,25OHD. Dies kann möglicherweise erklären wie Tiere ihr Sonnenverhalten entsprechend an ihren Vitamin-D-Bedarf anpassen können. Nachgewiesen wurden diese Rezeptoren bei Rotkehlanolis (Bidmon & Stumpf 1996) (Bidmon & Stumpf 1994)
Bartagamenjungtiere denen nur wenig Vitamin D über die Nahrung zugeführt wurde und die nicht mit UV bestrahlt wurden, nahmen vermehrt Futtertiere mit höherem Vitamin D Gehalt auf (Oonincx et al. 2010)
Im natürlichen Sonnenlicht variiert der UVB-Anteil stark mit der Tageszeit bzw. dem Sonnenstand. In dem die Tiere kurze Zeiten mittags sonnen können sie eine sehr viel größere Dosis UVB aufnehmen als wenn sie längere Zeiten am Vormittag/Nachmittag sonnen. Die Wärmeaufnahme ist durch die unterschiedliche Sonnendauer in beiden Fällen gleich.
Eine sehr interessante Untersuchung zeigt, dass Reptilien in der Lage sind ihren Vitamin-D-Bedarf und die zu verfügung stehende Beleuchtung zu beurteilen (Ferguson et al. 2003)
Bei der Spitzkopfschildkröte (Emydura signata) wurde beobachtet, dass diese Tiere zwar sonnen, ihre Körpertemperatur dabei jedoch nicht erhöhen. Das Sonnen muss in diesem Fall andere Gründe als die Thermoregulation haben. Neben dem Abtrocknen kommt auch die VitaminD-Bildung in Frage. (Manning & Grigg 1997)
Im Experiment konnten Zaunleguane in einem Gradienten von UVI 0 bis UVI 20 sehr genau ihre Position bei UVI 5 wählen (Conley & Lattanzio 2022) (Kemény et al. 2021)
Nicht nur bei Hühnern ist nachgewiesen dass das Absterben der Jungtiere im Ei und deren schlecht ausgebildetes Skelett mit der VitaminD-Versorgung der Mutter zusammenhängt sondern auch bei Pantherchamäleons (Ferguson et al. 2002)
Tiere mit besserer Vitamin-D-versorgung nehmen freiwillig größere Mengen an Kalzium auf (Oftedal, Chen, & Schulkin 1997)
Der Nacht- bzw. Dämmerungsaktive Hausgecko (Hemidactylus turcicus) bildet aus der selben UV-Dosis eine sehr viel größere Menge Vitamin D als der tagaktive Große Rauhschuppenstachelleguan (Sceloporus olivaceus). Trotz ihrer nachtaktiven Lebensweise nehmen die Tiere in der Natur eine ausreichende UV-Dosis auf (Carman et al. 2000)
Grüne Leguane können über die Nahrung verabreichtes VitaminD2 ebenfalls verwerten (Allen et al. 1998) (Allen, Oftedal, & Horst 1996)
Bei einigen Echsen ist Provitamin D ein wichtiger Bestandteil des Sekrets der Femoraldrüsen. Eine bessere Vitamin D Versorgung machte männliche Iberische Gebirgseidechsen attraktiver für die Weibchen (Martín & López 2006)
Für menschliche Haut ist seit den 1980ern bekannt, dass das UV-Spektrum beeinflusst, welche Menge Vitamin D maximal gebildet werden kann (MacLaughlin, Anderson, & Holick 1982)
Bei Grünen Leguane (Iguana iguana), die unter einer Abwandlung einer Sylvania 2096 Lampe gehalten wurden (Leuchtstoff Typ UVB313) wurden ein unnatürlich hoher 25OHD-Spiegel im Blut von bis zu 1200 ng/ml nachgewiesen (Bernard 1995) (Bernard, Oftedal, & Ullrey )
Bei Bartagamen, die unter einer Typ UVB313 Leuchtstofflampe gehalten wurde, kam es trotz sehr geringer Bestrahlungsstärke (20-30µW/cm²) bereits nach nur 2 Stunden täglicher Bestrahlungsdauer zu einer Sättigung der 25OHD-Blutwerte (Oonincx et al. 2010)
Bei Grünen Leguanen die aus geringer Entfernung mit einer Philips F40UVB Leuchtstoffröhre (Leuchtstoff Typ vermutlich ähnlich UVB313) bestrahlt wurden verhielten sich einige Tiere apathisch und hielten die Augen geschlossen (Symptome einer Hornhaut/Bindehautentzündung) (Hibma 2004)
Ab dem Jahr 2006 wurden vermehrt UV-Kompaktleuchtstofflampen mit einem Typ UVB313 Leuchtstoff auf den Markt gebracht. Kompaktleuchtstofflampen erreichen sehr viel höhere Bestrahlungsstärken als Leuchtstoffröhren, insbesondere dann wenn zusätzlich ein Reflektor verwendet wird. Mehrere Reptilien entwickelten ernsthafte Hornhaut/Bindehautentzündungen, teilweise mit Todesfolge! Weitere Fälle wurden beim Einsatz von UV-Röhren und Mischlichtlampen bekannt: Nach der Installation neuer UV-Lampen Verbrennungen an Haut- und Augen zusammen mit einem schlechten Allgemeinbefinden (Futterverweigerung, Lethargie, Häutungsschwierigkeiten) auf. In den letzten Jahren sind über 200 Fälle und über 20 Todesfälle dokumentiert (Baines 2010)
Ähnliche Fälle liest gelegentlich bei Bestrahlung mit der Ultravitalux aus zu geringer Entfernung und seitlicher Bestrahlung (Kober, personal communication, 2009) (Lehmann 2007) (Baines 2010)
Bei oben bereits erwähnter Studie mit Grünen Leguanen und einer Philips F40UVB Leuchtstoffröhre (Hibma 2004)
Bericht über “Sonnenbrand” mit großflächiger Hautablösung und Todesfolge bei vier Phelsumen (http://www.schlangenforum.ch/wbb2/thread.php?threadid=43450)
Bei Studien zum UV-Bedürfnis von Chamäleons (Ferguson et al. 2002)
Bei einem albinotischen Leopardgecko ist ein Fall von Hautkrebs, der mit der Verwendung einer UV-Lampe assoziiert wird, dokumentiert (Romairone Duarte & Baines 2009)
Romairone Duarte, A., & Baines, F. M. (2009). Squamous cell carcinoma in a leopard gecko. Exotic DVM, 11(2), 19–22.