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thermo:waermestrahlung

Wirkung von Wärmestrahlung auf Reptilien

Viele Reptilien nutzen Wärmestrahlung zur Thermoregulation. Die Wärmestrahlung der Sonne setzt sich hauptsächlich aus sichtbarem Licht und Infrarot-A-Strahlung zusammen mit geringeren Anteilen an UV und Infrarot-B. Je nach Wellenlänge hat Wärmestrahlung eine unterschiedliche Wirkung auf Wirbeltiere. Damit elektromagnetische Strahlung als Wärmestrahlung wirken kann, muss die Strahlung absorbiert werden: Ein schwarzer Stein wird unter der Sonnenstrahlung wärmer als ein weißer Stein, weil der schwarze Stein auch sichtbares Licht absorbiert. Für den schwarzen Stein ist sichtbares Licht Wärmestrahlung, für den weißen Stein nicht. Auch menschliches oder tierisches Gewebe wird unterschiedlich gut von den verschiedenen Wellenlängen gewärmt.

"Tiefenwirkung" und Absorption durch Wasser

Menschliches und tierisches Gewebe besteht zu einem großen Teil aus Wasser. Wasser absorbiert sichtbares Licht fast nicht (vielleicht der evolutionäre Grund, warum Augen Strahlung zwischen 300 und 800 nm sehen). Infrarot-A-Strahlung wird leicht absorbiert (α = 1/cm). Im Infrarot-B-Bereich gibt es zwei starke Absorptionsbanden bei 1450 nm Wellenlänge und 1930 nm Wellenlänge (α = 30/cm und α = 130/cm). Zwischen 2800 nm und 3100 nm Wellenlänge (Grenze zwischen IR-B und IR-C) steigt der Absorptionskoeffizient auf bis zu 12‘000/cm an. Das bedeutet, dass bereits nach 0,8 µm 1)) Wassertiefe 63%2) der Infrarotstrahlung absorbiert und in Wärme umgewandelt wurden.

Absorptionsspektrum von flüssigem Wasser.
Achtung - es handelt sich um eine logarithmische y-Achse: Die Absorption im UV ist nicht etwa doppelt so hoch wie im NIR (Nah-Infrarot), wie man bei einem flüchtigen Blick denken könnte, sondern 5 Größenordnungen höher, also 100'000 mal höher.
©: Kebes, CC BY-SA 3.0 via Wikimedia Commons

Vor Allem die Absorptionseigenschaft des Wassers führt dazu, dass Infrarot-A-Strahlung sehr tief in menschliche Haut eindringen kann. Sie gelangt bis in tiefe Hautschichten, wo Nerven und Blutgefäße verlaufen. Dort erwärmt die Strahlung das Blut, das die Wärme wiederum im ganzen Körper verteilt. Die Nerven reagieren schnell auf die Temperaturveränderung und warnen vor Verbrennungen. Infrarot-B- und Infrarot-C-Strahlung werden dagegen bereits in den obersten Hautschichten absorbiert. Wenn, z.B. bei der Krebstherapie, der Körper künstlich auf eine hohe Temperatur aufgewärmt werden soll, wird im Rahmen der Ganzkörperhypothermie Infrarot-A-Strahlung verwendet. Da ein Teil der Infrarot-A-Strahlung den Körper sogar durchdringt, werden Reflektoren eingesetzt [562Meffert, H., & Piazena, H. (2002). Wirkungen künstlich erzeugter infrarotstrahlung auf den menschen. Aktuelle Dermatologie, 28(6), 187–192.].

Messung der Wärmewirkung bei Reptilien

Die unterschiedliche Wirkung von Sonnenlicht und UV-Mischlichtlampen oder Glühlampen hat der Schildkrötenhalter Andy Highfield visualisiert [1099Highfield, A. (2015). The effect of basking lamps on the health of captive tortoises and other reptiles Tortoise Trust.]. Fotos mit einer Wärmebildkamera von Schildkröten, die im Sonnenlicht sonnen, zeigen eine gleichmäßige Temperatur des gesamten Panzers und der Haut am Kopf und den Beinen. Fotos von Schildkröten, die unter Lampen sonnen, zeigen deutliche Temperaturunterschiede zwischen den Schilden des Rückenpanzers uns den Nähten zwischen den Schilden. Auch die Hauttemperatur von Kopf und Beinen unterscheidet sich stark. Andy Highfield vermutet, dass diese ungleichmäßige Erwärmung von Panzerschilden und Schildnähten mit verantwortlich für die Höckerbildung sein könnte.

In einer wirklich beeindruckenden und sehr lesenswerten Arbeit hat der Biologe Warren P. Porter [330Porter, W. P. (1967). Solar radiation through the living body walls of vertebrates with emphasis on desert reptiles. Ecological Monographs, 37(4), 274–296.] in den 1960ern bei verschiedenen Reptilien (aber auch Säugetieren, Vögeln und Insekten) gemessen, in welchen Gewebeschichten die Wärmestrahlung der Sonne absorbiert wird. Eine ähnliche Untersuchung stammt von [339Hutchison, V. H., & Larimer, J. L. (1960). Reflectivity of the integuments of some lizards from different habitats. Ecology, 41(1), 199–209.]. Es ist durchaus beeindruckend zu sehen, wie unterschiedliche die Absorption in verschiedenen Gewebeschichten ist. So gelang Strahlung ab ca. 750 nm beim Gemeinen Seitenfleckleguan zu einem zunehmenden Teil durch das Bauchfell3) hindurch bis in die innere Körperhöhle. Sichtbares Licht wird hauptsächlich in der Haut, genauer der obersten Keratinschicht und der darunter liegenden Lederhaut absorbiert. Nur ein sehr geringer Teil wärmt die Muskelschicht. Ein völlig gegensätzliches Verhalten zeigt Infrarot-B-Strahlung (die im Sonnenlicht weniger vorhanden ist). Sie wird fast nicht in der Dermis absorbiert sondern zu fast gleichen Teilen in der Keratinschicht und der Muskulatur.

Absorption der Sonnenstrahlung in verschiedenen Gewebeschichten, nach [330]

Anpassung der Absorptionseigenschaften

Viele Reptilien verändern ihre Farbe zur Thermoregulation. Mit der Hilfe von speziellen Körperzellen, die den Farbstoff Melanin enthalten, können sie eine dunkle Färbung der Haut erzeugen. Bartagamen färben sich bei niedrigen Temperaturen dunkel [1192Smith, K. R., Cadena, V., Endler, J. A., Porter, W. P., Kearney, M. R., & Stuart-Fox, D. (2016). Colour change on different body regions provides thermal and signalling advantages in bearded dragon lizards. Proceedings of the Royal Society B: Biological Sciences, 283(1832), 20160626.; 909Fan, M., Stuart-Fox, D., & Cadena, V. (2014). Cyclic colour change in the bearded dragon pogona vitticeps under different photoperiods. PLos ONE, 9(10), e111504.]. Sie erhöhen dabei deutlich die Absorption im Bereich von 400 nm bis 1300 nm [1192Smith, K. R., Cadena, V., Endler, J. A., Porter, W. P., Kearney, M. R., & Stuart-Fox, D. (2016). Colour change on different body regions provides thermal and signalling advantages in bearded dragon lizards. Proceedings of the Royal Society B: Biological Sciences, 283(1832), 20160626.] und können sich so schneller auf Betriebstemperatur aufwärmen.

Literatur

[562] Meffert, H., & Piazena, H. (2002). Wirkungen künstlich erzeugter infrarotstrahlung auf den menschen. Aktuelle Dermatologie, 28(6), 187–192.
[1099] Highfield, A. (2015). The effect of basking lamps on the health of captive tortoises and other reptiles Tortoise Trust.
[330] Porter, W. P. (1967). Solar radiation through the living body walls of vertebrates with emphasis on desert reptiles. Ecological Monographs, 37(4), 274–296.
[339] Hutchison, V. H., & Larimer, J. L. (1960). Reflectivity of the integuments of some lizards from different habitats. Ecology, 41(1), 199–209.
[1192] Smith, K. R., Cadena, V., Endler, J. A., Porter, W. P., Kearney, M. R., & Stuart-Fox, D. (2016). Colour change on different body regions provides thermal and signalling advantages in bearded dragon lizards. Proceedings of the Royal Society B: Biological Sciences, 283(1832), 20160626.
[909] Fan, M., Stuart-Fox, D., & Cadena, V. (2014). Cyclic colour change in the bearded dragon pogona vitticeps under different photoperiods. PLos ONE, 9(10), e111504.

1)
0,8 µm = 1/(12‘000/cm
2)
0,63 = 1-1/e
3)
der “Hautsack” in dem sich die inneren Organe befinden, nicht der Pelz am Bauch von Säugetieren
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thermo/waermestrahlung.txt · Last modified: 2021/03/09 13:48 by sarina

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